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Die 12 Kennzeichen des Alterns und welche Maßnahmen Sie länger gesund halten

Geschrieben von Lisa | Mar 25, 2024 11:05:14 AM

Lesedauer: 14 Minuten

Das Streben nach einem gesunden und erfüllten Leben ist zeitlos und grenzüberschreitend. Wir alle hegen den Wunsch, fit und vital zu altern, um auch im hohem Alter noch das zu tun, was wir lieben. Tatsächlich gibt es mittlerweile einen eigenen Forschungszweig, der sich mit dem Thema "Longevity" beschäftigt und darum bestrebt ist, Gründe, Ursachen und potenzielle Therapien und Maßnahmen des Alterns zu untersuchen. Im Zuge dieser Forschungsarbeiten, wurden die sogenannten "Hallmarks of Aging" erarbeitet - also die grundlegenden biologischen Prozesse, die den Alterungsprozess beeinflussen. In diesem Blogpost stellen wir Ihnen alle 12 Kennzeichen vor und blicken auf 7 Strategien, welche die Wissenschaft für vielversprechend hält, um den Alterungsprozess zu verlangsamen und altersbedingte Krankheiten zu minimieren.

 

Der Alterungsprozess ist ein unvermeidlicher Bestandteil unseres Lebens und beginnt weit früher, als wir es oft wahrnehmen. Die volle körperliche Reife erreichen wir Menschen in der Regel zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr, was den Höhepunkt unserer körperlichen Entwicklung markiert. Bereits ab dem 15. Lebensjahr beginnt die Elastizität der Augenlinse allmählich nachzulassen, was sich im Laufe des 40. Lebensjahres als Alterssichtigkeit bemerkbar macht. Die ersten Anzeichen von Falten können häufig ab dem 35. Lebensjahr beobachtet werden. Mit dem Einsetzen des 30. Lebensjahres sinkt der Testosteronspiegel langsam, was zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr zu einem spürbaren Rückgang der Muskelmasse führen kann. Es entsteht der Eindruck, als würde die Natur, nachdem wir das reproduktive Alter erreicht haben, sanft darauf hinwirken, dass wir unseren evolutionären Beitrag geleistet haben. Diese sichtbaren Anzeichen des Alterns leiten über zu einer tieferen Fragestellung: Warum ist der Alterungsprozess ein so zentraler Teil unserer Existenz?

Um diese Frage zu beantworten, ist ein Blick auf die zugrundeliegenden biologischen Prozesse aufschlussreich. Im Laufe unseres Lebens häufen sich verschiedene zelluläre und molekulare Schäden an, die zusammen den komplexen Vorgang des Alterns charakterisieren. Diese Schäden wurden erstmals 2013 von einer Forschungsgruppe rund um Carlos López-Otín detailliert als "Hallmarks of Aging" beschrieben und bieten einen Rahmen, um die vielfältigen Mechanismen, die zum Altern und zu altersassoziierten Krankheiten führen, zu verstehen. Um die fortschreitende Erkenntnis über die biologischen Grundlagen des Alterns widerzuspiegeln, hat die Gruppe unter der Leitung von Carlos López-Otín im Jahr 2023 die ursprünglich identifizierten 9 Kennzeichen des Alterns um 3 weitere ergänzt. Diese Erweiterung zeigt nicht nur die dynamische Natur der Forschung in diesem Bereich, sondern auch, wie tiefgreifend der Prozess des Alterns in der Komplexität des Lebens verwurzelt ist. (López-Otín et al., 2023).

 

 

Die 12 "Hallmarks of Aging"
  1. Genomische Instabilität: In unseren Zellen können kleine Fehler in der Erbinformation, der sogenannten DNA, auftreten. Diese Fehler entstehen durch Dinge wie Umwelteinflüsse oder natürliche Prozesse in unserem Körper. Wenn diese Fehler nicht richtig repariert werden, können sie sich ansammeln und zu größeren Veränderungen in unserer Erbsubstanz führen. Das kann die normalen Aufgaben unserer Zellen durcheinanderbringen und zu Krankheiten im Alter, wie zum Beispiel Krebs, beitragen.

  2. Telomerabrieb: Die Telomere sind die Enden unserer Chromosomen, welche aus einer Mischung von DNA und Proteinen bestehen,  um die genetische Information bei Zellteilungen zu bewahren und die Stabilität der Chromosomen zu sichern. Mit jeder Zellteilung verkürzen sie sich allmählich. Irgendwann sind sie so kurz geworden, dass die Zelle nicht mehr richtig funktionieren oder sich teilen kann. Das ist ein natürlicher Prozess, der zum Altern und schließlich zum Absterben der Zellen führen kann. Man könnte sich das vorstellen wie kleine Schutzkappen, die sich bei jeder Zellteilung ein bisschen abnutzen, bis die Zelle ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen kann.

  3. Epigenetische Veränderungen: Epigenetische Veränderungen sind wie Schalter im Erbgut, die festlegen, ob bestimmte Gene ein- oder ausgeschaltet sind. Das Besondere daran ist, dass sie die Bauanleitung der Gene nicht verändern, sondern nur steuern, wie diese Anweisungen umgesetzt werden. Diese Veränderungen werden von Umweltfaktoren und unserem Lebensstil beeinflusst und können sich umkehren lassen. Sie sind wichtig, denn sie entscheiden, welche Körperfunktionen aktiv sind, wie wir altern und wie anfällig wir für Krankheiten sind. Es ist sozusagen die Art und Weise, wie der Körper auf äußere Einflüsse reagiert und sich darauf einstellt.

  4. Verlust der Proteostase: Beim Verlust der sogenannten Proteostase gerät das Gleichgewicht im Umgang mit Proteinen in unseren Zellen durcheinander. Normalerweise werden Proteine durch den zellulären Proteinbiosyntheseprozess hergestellt, dann gefaltet, um ihre funktionale Struktur zu erreichen, und schließlich in verschiedene Zellkompartimente transportiert, um ihre spezifischen Funktionen auszuüben und sicherzustellen, dass alle zellulären Prozesse reibungslos ablaufen. Mit zunehmendem Alter wird es jedoch schwieriger für die Zellen, beschädigte oder fehlgefaltete Proteine loszuwerden. Dies kann zu Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson führen, da sich fehlerhafte Proteine ansammeln und Probleme verursachen können. Es ist, als ob der Mechanismus, der unsere Zellen sauber hält, mit der Zeit etwas an Effizienz verliert, was zu Gesundheitsproblemen führen kann.

  5. Gestörte Nährstoffaufnahme: Dieses Kennzeichen beschreibt die Störung der Signalwege, die Zellen nutzen, um Nährstoffe zu erkennen und darauf zu reagieren. Normalerweise erkennen unsere Zellen, wenn sie Nährstoffe brauchen und reagieren entsprechend. Aber manchmal funktioniert dieses System nicht richtig. Eine solche Dysregulation kann die Lebensspanne beeinflussen und ist mit Krankheiten wie Diabetes und Krebs verbunden.

  6. Dysfunktionale Mitochondrien: Mitochondrien sind für die Energieproduktion in den Zellen verantwortlich. Mit zunehmendem Alter zeigen Zellen und Organismen jedoch eine abnehmende Effektivität bei der Bereitstellung von Energie durch die Mitochondrien. Diese Beobachtung basiert auf zwei Hauptmechanismen: dem Verlust von Elektronen und der Verringerung der ATP-Produktion (dem zentralen Energieträger in unserem Körper).

  7. Zelluläre Seneszenz: Wenn Zellen in den Zustand der sogenannten Seneszenz übergehen, hören sie auf, sich zu teilen, bleiben jedoch metabolisch aktiv und setzen entzündungsfördernde Zytokine frei. Der Grund für diese Freisetzung ist noch nicht vollständig verstanden, aber es wird angenommen, dass dies eine Art Reaktion auf Stress oder Schäden in der Zelle ist. Die Ansammlung solcher seneszenten Zellen trägt jedenfalls nachweislich zur Beschleunigung des Alterungsprozesses und zur Entstehung altersbedingter Krankheiten bei.

  8. Stammzell-Erschöpfung: Mit zunehmendem Alter verringert sich die Anzahl und Funktion von Stammzellen im Körper. Diese Stammzellen sind pluripotente Zellen, die die Fähigkeit haben, sich in verschiedene Zelltypen zu differenzieren und normalerweise für die Reparatur und Regeneration von geschädigtem Gewebe verantwortlich sind. Da im Alter weniger Stammzellen vorhanden sind und ihre Wirksamkeit abnimmt, wird die Fähigkeit des Körpers, Gewebeschäden zu reparieren, ebenso beeinträchtigt. Dieser Rückgang der Stammzellaktivität trägt dazu bei, dass der Alterungsprozess voranschreitet, da die Regenerationsfähigkeit des Körpers abnimmt.
  9. Veränderte zelluläre Kommunikation: Im Alter treten Veränderungen in der Kommunikation zwischen den Zellen auf, die zu langanhaltenden Entzündungen und einer Störung der Hormonbalance führen. Diese Veränderungen tragen zur Entwicklung von altersbedingten Krankheiten und Funktionsstörungen bei.

  10. Chronische Entzündungen: Steigende Entzündungswerte sind im Alter üblich. Dies wird oft als Teil des InflammAging-Phänomens betrachtet, bei dem eine chronische, niedriggradige Entzündung voranschreitet, die mit verschiedenen Ursachen, darunter Gefäßablagerungen wie Arteriosklerose, Neuroinflammation und proinflammatorische Signale aus dem viszeralen Fettgewebe verbunden sind. Chronische Entzündungen belasten das Immunsystem langfristig und führen zu einer gestörten Immunreaktion, was das Risiko für Krankheiten erhöht und die Regeneration des Körpers beeinträchtigt. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, der die Anfälligkeit für weitere Entzündungen und Krankheiten verstärkt.Um dies zu messen, werden Entzündungsparameter wie das C-reaktive Protein (CRP) oder das Interleukin-6 (IL-6) verwendet. Insbesondere IL-6 wird als Indikator für eine erhöhte Sterblichkeit betrachtet, wenn chronisch hohe Werte vorliegen. Inflammaging ist eng mit anderen Alterskennzeichen verbunden, und die Grenzen zwischen diesen Aspekten sind oft fließend.

  11. Dysbiose: Im Laufe des Alterns verändert sich das Gleichgewicht der Milliarden Bakterien in unserem Darm, was als Dysbiose bekannt ist. Diese Darmbakterien Bakterien sind entscheidend für die Verdauung von Nahrungsmitteln, die Produktion von lebenswichtigen Vitaminen und die Stärkung der Darmbarriere, um schädliche Mikroorganismen fernzuhalten. Ein Ungleichgewicht steigert nicht nur das Risiko für verschiedene Krankheiten, sondern ist auch ein Teil des Alterungsprozesses.

  12. Veränderte Autophagie: Autophagie kann als der Reinigungsdienst unserer Zellen betrachtet werden, der dabei hilft, beschädigte oder nicht mehr benötigte Bestandteile zu beseitigen und zu recyceln. Diese Bestandteile können Proteine, Nährstoffe oder Zellorganellen wie Mitochondrien sein. Wenn dieser Vorgang im Alter nicht mehr effektiv abläuft, kann es zur Akkumulation von defekten oder überflüssigen Zellbestandteilen führen. Diese Ansammlung kann die Zellfunktion beeinträchtigen und das Risiko für altersbedingte Krankheiten erhöhen. Zum Beispiel können fehlerhafte Mitochondrien, die normalerweise durch Autophagie entfernt werden würden, oxidativen Stress und Entzündungen verursachen, was wiederum das Risiko für beispielsweise Krebs, neurodegenerative Erkrankungen und metabolische Störungen erhöht.

 

Strategien zur Verlangsamung des Alterungsprozesses

Nachdem wir die "Hallmarks of Aging" erkundet haben, konzentrieren wir uns nun auf einfach umsetzbare und evidenzbasierte Strategien, um den Alterungsprozess positiv zu beeinflussen. Die Vielzahl an Maßnahmen, mit denen sich die Wissenschaft derzeit befasst, ist enorm und würde den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen. In einem zukünftigen Beitrag werden wir gerne detaillierter auf weitere Maßnahmen eingehen. An dieser Stelle konzentrieren wir uns jedoch auf die bekanntesten Strategien mit der umfangreichsten Datenlage und betrachten, wie diese in den Alltag integriert werden können (Kane & Sinclair, 2019), (Texas A&M University, 2018) (Casey & Seidman, 2022).

 

 


 

Wichtig ist: Selbst die besten Strategien sind wirkungslos, wenn sie nicht individuell angepasst werden

Bei dem Bestreben, den Alterungsprozess zu verlangsamen, sollten wir auch genetische Faktoren einbeziehen. Unsere Genetik hat nicht nur Einfluss auf unser äußeres Erscheinungsbild, sondern auch darauf, wie gut unser Körper gegen bestimmte Krankheiten geschützt ist, wie effektiv wichtige biologische Prozesse funktionieren und wie der individuelle Mikronährstoffbedarf aussieht.

Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Regulation von oxidativem Stress bzw. die Neutralisierung freier Radikale. Die Effizienz, mit der freie Radikale neutralisiert werden können, wird durch die Gene SOD2, GSTT1, GSTP1, GSTM1 und GPX1 bestimmt. Im Idealfall sorgen diese Gene für eine effektive Beseitigung freier Radikale und schützen die Zellen vor Schäden. Bei bestimmten Variationen in diesen genetischen Abschnitten wird jedoch dieser Prozess gestört - freie Radikale können dann ungehindert Zellen schädigen und dabei Proteine, Zellwände und die DNA langfristig beeinträchtigen (Wong et al., 2008).

Das Gute ist, wir sind nicht hilflos unseren Genen ausgeliefert. Wenn wir uns unserer genetisch bedingten Schwachstellen bewusst sind, können wir gezielt Maßnahmen ergreifen, um diesen vorzubeugen. So lässt sich beispielsweise der Bildung von oxidativem Stress entgegenwirken, indem man die Zufuhr von Antioxidantien erhöht. Diese helfen, das Ungleichgewicht zwischen der Produktion schädlicher freier Radikale und der Fähigkeit des Körpers, diese zu neutralisieren, auszugleichen. Unsere Gene geben uns somit wichtige Hinweise darauf, wie wir unseren Lebensstil und unsere Ernährung anpassen sollten, um gesund zu altern (Doukali et al., 2017), (Sirivarasai et al., 2013).

 



Fazit

Das Streben nach einem gesunden und erfüllten Leben ist zeitlos und der Schlüssel dazu liegt u.a. im Verständnis der "Hallmarks of Aging". Diese 12 Kennzeichen bieten Einblicke in die biologischen Prozesse, die den Alterungsprozess beeinflussen. In diesem Blogpost haben wir 7 evidenzbasierte Strategien vorgestellt, die diese Hallmarks ansprechen und Ihnen dabei helfen können, Ihre Alterungsprozesse zu verlangsamen. Körperliche Aktivität, Fokus auf eine pflanzenbasierte Ernährung, eine ausreichende Antioxidantienzufuhr, die optimale Mikronährstoffversorgung, Kalorienrestriktion, Eisbaden oder gezielte Nahrungsergänzung sind bekannte Maßnahmen. Im Hinblick auf all diese Aspekte sollte die Individualität jedes Einzelnen immer im Mittelpunkt stehen. Standardempfehlungen sind nicht die beste Lösung. Genetische Variationen können beispielsweise den Bedarf an bestimmten Mikronährstoffen und die Reparatur wichtiger Prozesse beeinflussen. Mithilfe eines DNA-Tests können diese persönlichen genetischen Unterschiede identifiziert werden. Dadurch lassen sich individuell angepasste Strategien entwickeln, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.